Akzeptanz und ­Beteiligung bei ­Windkraftanlagen

An der Wertschöpfung von Windenergieanlagen teilhaben

Die Energiewende und der damit verbundene Windenergieausbau sind ein Gemeinschaftsprojekt. Daher ist es essenziell, die Bevölkerung bei der Planung von Windparks frühzeitig zu informieren und zu beteiligen.

Windenergie wird von einer deutlichen Mehrheit in der Bevölkerung unterstützt und positiv bewertet. Eine Studie der Fachagentur Windenergie an Land zeigt, dass es eine große schweigende Mehrheit für Windenergievorhaben gibt. Insgesamt finden 82 Prozent der Bevölkerung die Nutzung und den Ausbau von Windenergie (sehr) wichtig und 78 Prozent sind mit Windenergieanlagen (WEA) im Wohnumfeld einverstanden. Knapp drei Viertel der Bevölkerung geben an, dass sie keine (großen) Bedenken bei einem Erstbau von WEA im Wohnumfeld hätten und finden, dass der Windenergie ausreichend Flächen zur Verfügung gestellt werden müsse, um die Klimaziele zu erreichen.  

Dennoch kann es insbesondere während der Durchführung von Windenergieprojekten vor Ort Vorbehalte und ablehnende Stimmen geben. Dabei spielen vor allem die individuelle Einstellung zur Energiewende, das Ausmaß lokaler Wertschöpfung, die Kommunikation des Projekts und die subjektive Bewertung von WEA-Immissionen eine Rolle. Transparenz und Einbindung der Bevölkerung sind daher essenziell, um den Windenergieausbau erfolgreich zu gestalten. 

Warum werden lokale Windenergievorhaben von der Bevölkerung abgelehnt?

Im Allgemeinen lässt sich die Ablehnung vor Ort in vier verschiedene Kategorien einteilen:  

 

  • Die Befürwortung der Technologie allgemein, jedoch die Ablehnung jeglicher Projekte vor Ort – das sogenannte „Not in my backyard“-Denken (NIMBY). 

  • Die allgemeine Ablehnung der Technologie und daraus folgend ebenfalls die Ablehnung jeglicher Projekte vor Ort – das sogenannte „Not in anyones backyard“-Denken. 

  • Eine sich in der Diskussion über das lokale Projekt wandelnde allgemeine Einstellung zur Technologie. 

  • Eine Ablehnung des lokalen Projekts aus projektspezifischen Gründen, wie die Transparenz des Projekts, die Einbindung der Bürger:innen und der Kommune, oder standortspezifische Bedenken gegenüber einer WEA.  

 

Dabei wurde letztere als die am häufigsten zur Ablehnung von lokalen Windenergievorhaben führende Kategorie identifiziert, während das in der Vergangenheit häufig benannte NIMBY-Denken seltener Einflussfaktor ist und von der Partizipationsforschung als unzureichend und wenig analytisch bezeichnet wird. 

Welche Ursachen hat die lokale Ablehnung?

Es besteht ein Zusammenhang zwischen der persönlichen Einstellung und dem Erleben des Planungsverfahrens. Darüber hinaus kann mangelnde Akzeptanz ein Reaktionsmuster auf für Außenstehende intransparente und schwer nachvollziehbare Projektplanung sein. Bürger:innen können sich durch die Komplexität des Planungsverfahrens überfordert und dadurch außen vor gelassen fühlen. Des Weiteren kann Ablehnung durch das Gefühl einer ungleichen Kosten-Nutzen-Verteilung zwischen Anlieger:innen und Vorhabenträger:innen und ein damit einhergehendes Gefühl einer Verletzung des Fairness-Prinzips entstehen. Bürger:innen fordern ein Mitspracherecht, wenn große Bauprojekte ihr Umfeld nachhaltig verändern. Dabei kann die Diskrepanz zwischen subjektiver Wahrnehmung von Risiken und den tatsächlichen Folgenabschätzungen die sachgerechte öffentliche Beurteilung erschweren.

Wie lässt sich mit der lokalen Ablehnung konstruktiv umgehen?

Grundsätzlich führt es zu Akzeptanz, wenn von der Entscheidung Betroffene selbst zu Träger:innen  und Teilhabenden an der Entscheidung werden. Laut einer Studie von Agora Energiewende ist dafür eine Partizipation der Bürger:innen an der Vorhabenentwicklung und dem Planungsvorhaben essenziell –und zwar bereits vor der offiziellen Einbindung während des Genehmigungsverfahrens. Es lassen sich drei Partizipationsstufen unterscheiden, um Bürger:innen erfolgreich einzubinden:

 

  1. Information, also eine frühzeitige, möglichst vollständige Aufklärung über Vor- und Nachteile des Projekts. Mögliche Maßnahmen sind Informationsveranstaltungen und Vortragsangebote.
  2. Konsultation, also ein aktives Suchen des Dialoges und Meinungsaustausches, das eine aktive Teilhabe der Bürger:innen ermöglicht. Etwaige Maßnahmen sind Bürger:innenanhörungen und -befragungen oder Gespräche mit Expert:innen. 
  3. Kooperation, also das Ermöglichen einer Mitentscheidung aller Beteiligten, bei denen Handlungsspielräume des Projekts und etwaige Kompromissmöglichkeiten ausgehandelt werden können. Mögliche Maßnahmen sind hier Mediationen, „Runde Tische“, Bürger:innengutachten und Zukunftswerkstätten. 

Beteiligungspyramide

Die Partizipation von Bürger:innen verbessert die Qualität der Entscheidungsfindung und trägt wesentlich zur Akzeptanz des Projekts bei. Ein Risiko hierbei ist, dass innerhalb von Partizipationsmaßnahmen ausgehandelte Kompromisse und Lösungswege im Laufe des Projektes nicht realisierbar sind, beispielsweise aufgrund gesetzlicher oder finanzieller Handlungsspielräume. So kann ungewollt der Eindruck einer „Scheinpartizipation“ entstehen. Die Grenzen der Planungsspielräume sollten deswegen transparent sowie offen kommuniziert und dargestellt werden. 

Welche Erfolgsfaktoren gibt es bei der Beteiligung?

Für eine erfolgreiche Beteiligung der Öffentlichkeit ist Voraussetzung, Partizipationsangebote und Planungsverfahren systematisch zu verzahnen und die dabei erzielten Ergebnisse in die Vorhabenentwicklung zu integrieren. Dafür braucht es solide Kommunikationsstrukturen, die sich durch folgende Faktoren auszeichnen sollten: 

 

  • Transparenz und Glaubwürdigkeit im Umgang mit Informationen

  • Ausreichende Handlungs- und Entscheidungsspielräume für alle Beteiligten

  • Offenheit und Flexibilität im Prozess

  • Kultur der Achtsamkeit und Inklusion

  • Kontinuität, Verbindlichkeit und Verantwortung 

 

Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor ist der zeitliche Rahmen bzw. eine möglichst frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit, damit durch die über die Zeit immer enger werdenden Handlungsspielräume keine wertvolle Akzeptanz verspielt wird.  

Kommunale Wertschöpfung

Durch die Überarbeitung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) Anfang 2021 kann jeder Betreiber einer neu errichteten WEA den/der betroffenen Kommune/-n innerhalb eines Radius von 2,5 Kilometern eine Beteiligung von bis zu 0,2 Cent für jede eingespeiste Kilowattstunde anbieten. Insbesondere bei leistungsstarken WEA entsteht so eine weitere kommunale Einnahmequelle, die je nach Eigenschaft und Standort der WEA zwischen 20.000 und 40.000 Euro pro Jahr einbringen kann. Die Regelung gilt für Anlagen mit EEG-Vergütung und einer installierten Leistung von mehr als 750 Kilowatt. Es besteht die Möglichkeit, dass der Netzbetreiber dem Anlagenbetreiber die Vorjahreszahlungen an die Kommune erstattet, sodass Anlagenbetreiber einen Anreiz haben, diese Option anzubieten. Ein Mustervertrag zwischen Kommune und Anlagenbetreiber ist bei der Fachagentur Windenergie an Land einsehbar.  

Darüber hinaus fließen seit Juni 2021 90 Prozent der zu zahlenden Gewerbesteuern an die Standortkommune der WEA, die restlichen zehn Prozent an die Kommune, bei der die Betreiber ansässig sind. Durch eine Einbindung regionaler Dienstleister während des Baus und Betriebs der WEA profitiert die Kommune indirekt durch weitere Einkommens- und Gewerbesteuern.  

Die Verpachtung von eigenen Flächen stellt für Kommunen eine weitere potenzielle Einnahmequelle durch Windenergieanlagen dar. Darüber hinaus können die Kommune und das Stadtbild durch potenziell anfallende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, wie die Einrichtung eines lokalen Umweltfonds, Renaturierungen oder die Pflanzung von Baum-Alleen, profitieren. 

 

Wertschöpfung für Bürger:innen vor Ort

Bürger:innen vor Ort haben ebenfalls die Möglichkeit, sich aktiv oder passiv finanziell an der WEA zu beteiligen. So können Bürger:innen durch eine Bürgerenergiegesellschaft zu Miteigentümer:innen von WEA werden und aktiv mitbestimmen. Weitere aktive finanzielle Partizipationsmöglichkeiten sind stille Beteiligungen, Investments in Sparbriefe, Inhaberschuldverschreibungen, der Erwerb von Genussrechten und Nachrangdarlehen. Durch Flächenpachtmodelle, in denen Bürger:innen sich zusammenschließen und gemeinsam Grundstücke für die WEA verpachten, durch vergünstigte Strompreise, eine Direktvermarktung von Strom oder Wärme und durch eine Gewinnbeteiligung im Rahmen einer Bürgerstiftung können Bürger:innen auch passiv von einer WEA finanziell profitieren. 

FAQ zu Bürgerenergiegesellschaften und Bürgerwindparks

Was sind Bürgerenergiegesellschaften und welche Vorteile bieten sie?

Bürger:innen können gemeinsam eine Bürgerenergiegesellschaft zum Bau und Betrieb von Erneuerbaren Energien vor Ort gründen. Bürgerenergiegesellschaften sollen sich am Gemeinwohl orientieren und eine entscheidende Rolle für die Umsetzung einer sozial verantwortlichen Energiewende spielen. Die Idee des selbstbestimmten, partizipativen und nachhaltigen Wirtschaftens steht im Vordergrund. Das zentrale Wertschöpfungsinstrument ist die Teilhabe an den Erträgen der WEA. Gut umgesetzte Bürgerwindparks finden oft die Unterstützung und Zustimmung der lokalen Bevölkerung und können zu einer stärkeren Identifikation der Bürger:innen mit Windenergieprojekten und der Energiewende insgesamt führen. Durch Bürgerenergiegesellschaften werden die Interessen vor Ort von Anfang an mitbedacht und in die Entscheidungsfindung eingebunden. 

Wie dürfen sich Bürgerenergiegesellschaften zusammensetzen?

Im EEG 2023 werden die sogenannten Bürgerenergiegesellschaften definiert. Eine Bürgerenergiegesellschaft muss mindestens aus 50 natürlichen, stimmberechtigten Personen bestehen. Davon müssen mindestens 75 Prozent der Stimmrechte bei natürlichen Personen in einem 50 Kilometer Umkreis von der/den WEA liegen. Die übrigen Stimmrechte dürfen ausschließlich Kleinstunternehmen, kleinen oder mittleren Unternehmen oder kommunalen Gebietskörperschaften gehören. Des Weiteren darf kein Mitglied der Gesellschaft über mehr als 10 Prozent der Stimmrechte verfügen. 

Welche Gesellschaftsform eignet sich für Bürgerenergiegesellschaften?

Die Wahl der geeigneten Gesellschaftsform sollte auf Grundlage einer Wirtschaftlichkeitsanalyse erfolgen, die Parameter wie die Investitions- und Betriebskosten, Eigenkapitalquote, Zins und Kreditlaufzeiten berücksichtigt. Kommanditgesellschaften, also GmbH&Co.KG, UG&Co.KG und Genossenschaften (eG), haben einen relativ hohen Gründungsaufwand, jedoch wird der mögliche Kapitalverlust auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, was einen großen Vorteil darstellt. Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) sind unbürokratischer zu gründen, hier haften jedoch die Gesellschafter:innen gemeinsam und unbeschränkt auch mit ihrem privaten Vermögen.

Wie werden Bürgerwindparks umgesetzt?

Für eine erfolgreiche Umsetzung von Bürgerwindparks sind insbesondere der Zugriff auf geeignete Flächen, ausreichend lokal verfügbares Eigen- und Risikokapital, aber vor allem unternehmerische Eigeninitiative wichtig. Wie alle Windenergieprojekte müssen auch Bürger-WEA die gleichen Planungs- und Genehmigungsverfahren durchschreiten. Dies dauert mehrere Jahre und benötigt deswegen umfangreiche Vorarbeiten. Die Projektentwicklung wird in der Regel durch einen externen Dienstleister übernommen. Durch das EEG müssen WEA von Bürgerenergiegesellschaften nicht zwingend an der Ausschreibung der Bundesnetzagentur teilnehmen und können stattdessen eine gesetzlich festgelegte Vergütungshöhe für den erzeugten Strom erhalten. Grundlegend muss jedoch zuerst die Finanzierung gesichert sein. Es wird empfohlen, dass mindestens 25 Prozent der Investitionssumme als Eigenkapital erbracht wird, bei Windparks mit drei oder mehr WEA über 40 Prozent. Diese Summe sollte möglichst breit über alle Gesellschafter:innen gestreut sein. Für die Finanzierung des verbleibenden Anteils durch Kredite sind Ertragsprognosen vorzulegen. Nach erfolgreicher Genehmigung kann der Bau der WEA als Gesamtprojekt oder als Vergabe von einzelnen Aufträgen erfolgen. Nach Abschluss des Baus sind bis zur Inbetriebnahme noch weitere verschiedene Prüfungen und Abnahmen erforderlich. 

FAQ zur Vergütung von Windenergieanlagen

Wie werden WEA vergütet?

Üblicherweise nehmen neu errichtete WEA mit über 1 Megawatt (MW) Leistung am Ausschreibungsverfahren der Bundesnetzagentur teil. In den regelmäßig stattfindenden Ausschreibungsrunden geben WEA-Betreiber Gebote für die Höhe der gewünschten Vergütung ab. Die niedrigsten Gebote bekommen einen Zuschlag von der Bundesnetzagentur und erhalten eine Vergütung über 20 Jahre – unabhängig von Marktpreisentwicklungen für Strom. 2023 liegt der zulässige Höchstgebotswert bei 7,35 Cent pro Kilowattstunde, der durchschnittliche mengengewichtete Zuschlagswert liegt bei 7,34 Cent pro Kilowattstunde. Ist die eingereichte Gebotsmenge geringer als die ausgeschriebene Menge, ist die Ausschreibung unterzeichnet und die übrige Menge wird in der nächsten Ausschreibung erneut ausgeschrieben. Dies ist bei Windenergie an Land häufig der Fall. 

Was ist ein Power Purchase Agreement?

Alternativ zur Ausschreibung können Betreiber auch einen langfristigen Direktvermarktungsvertrag, ein sogenanntes Power Purchase Agreement (PPA), mit verbrauchenden Unternehmen oder Stromhändlern schließen. Aufgrund der EEG-Vergütung ist diese Finanzierung in Deutschland noch nicht üblich, kommt aber insbesondere für die Anschlussfinanzierung nach 20 Jahren in Frage. Mit sinkender EEG-Vergütung und der zunehmenden Wettbewerbsfähigkeit Erneuerbarer Energien ist es jedoch in Zukunft denkbar, dass in Deutschland auch neue Anlagen mithilfe von PPAs finanziert werden. 

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Jonathan Andraczek

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Kirsten Kleis

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Portrait des Projektmanagers für Energiewirtschaft Tobias Scholz vor einer großen Glasfront im industriellen Design.

Tobias Scholz

Projektmanager Energiewirtschaft

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